ANKA SCHMID

Haarig

Dokumentarfilm  2017, DCP, ProRes, 52 Min.

Image: Pile Poil Image: Pile Poil 

In verspielt biographischer Manier erzählt Anka Schmid die haarige Geschichte ihrer Generation. Sei es als Körperschmuck, politisches Statement oder gar in der Suppe, Haare sind selbst kahlgeschoren allgegenwärtig.

In der raffinierten Montage von Real-, Archiv- und Trickaufnahmen verknüpft der Animadok erhellende Zusammenhänge und überraschende Assoziationen – im Alltag sowie in der Kunst wird das ungeheure Potential des feinsten Körperteils entdeckt. HAARIG ist eine sinnliche Erkundung der behaarten Körperregionen und regt zum Nachdenken und Schmunzeln über die eigene Haarpracht an. Kribbeln auf dem Kopf inbegriffen.

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Lang

«Das bin ich – mit den haarigen Geschichten meiner Generation», so beginnt die Erzählerin die filmische Erkundung der behaarten Körperregionen. Sei es als Modestatement, politischer Protest oder gar in der Suppe, Haare sind selbst kahlgeschoren allgegenwärtig. Mit diesem universalen Anspruch reflektiert der Animadok das Phänomen Haar aus unterschiedlichen Perspektiven und entdeckt im Alltag sowie in der Kunst das ungeheure Potential dieses feinsten Körperteils.

Entlang der Biographie der Regisseurin Anka Schmid werden Real-, Archiv- und Trickaufnahmen zu einer assoziativen Montage verflochten. Dabei entstehen erhellende und überraschende Zusammenhänge: Im Afro der Politaktivistin Angela Davis zeigen sich ähnliche Kräfte wie in Pippi Langstrumpfs abstehenden Zöpfen, eine animierte Brusthaar-Rasur von Sean Connery verweist auf die Wandelbarkeit von Moden und Normen, während eine real gedrehte Haarmanipulation die Inszenierung von Geschlechteridentität vorführt. Durch diesen gewaltigen Bilderstrom führen leitmotivisch die Werke von Künstlerinnen wie Cindy Sherman oder Manon, die unter Einsatz von Haut und Haar Kunst mit Politik verbinden. Sie bezeugen die gesellschaftliche Brisanz der Haare und schlagen zugleich den Bogen zum künstlerischen Werdegang der Regisseurin, die bereits in einer studentischen Arbeit Herzen aus krausem Haar auf einem Busen animierte.

Anka Schmid, international bekannt für ihre Dokumentarfilme («Wild Women – Gentle Beasts»), realisiert seit 1986 Kino- und Fernsehfilme sowie Artvideos und Installationen. In «Haarig» verknüpft sie diese künstlerische Vielseitigkeit und schafft einen verspielten Essay, der auch zum Nachdenken und Schmunzeln über die eigene Haarpracht anregt. Kribbeln am Kopf inbegriffen.


RegieAnka Schmid
DrehbuchAnka Schmid
MitwirkendeSophie Rois (Erzählerin)
KameraDaniel Leippert
TonMarkus Graber
SchnittMarina Wernli
MusikFeed the Monkey, Roman Lerch, Thomi Christ, Dominik Blumer
MitarbeitSound Design : Christian Beusch
Art Direction: Thérèse Traber
Costumes: Dorothee Schmid
Animation (Stop Motion): Anka Schmid
Dauer52 Min.
FormatDCP, ProRes
VerleihversionenDE; UT en., fr.,
IT
Uraufführung7. 9. 2017 (Fantoche)
Festivals/AufführungenFantoche, international Animation Film Festival, 2017
Leipzig, Dok Leipzig 2017
ProduktionRECK Filmproduktion – Dienerstrasse 7, CH-8004 Zürich
Tel. +41 44 241 37 63 – Fax: +41 44 241 37 64
info@reckfilm.ch reckfilm.ch
KoproduktionSRF
WeltrechteMagnetfilm GmbH – Oranienburger Strasse 50, DE-10117 Berlin
Tel. Tel. +49 163 801 07 53
info@magnetfilm.de www.magnetfilm.de
ISAN0000-0004-7E68-0000-F-0000-0000-T

Statement zu «Haarig» von Anka Schmid

Als letzten Film realisierte ich einen Dokumentarfilm über Dompteurinnen mit Tigern, Löwen und Bären (WILD WOMEN – GENTLE BEASTS). Wie gerne hätte ich das dichte Fell der schönen Tiere gestreichelt, aber dies war schlicht zu gefährlich, ja sogar tödlich. Dafür fiel meine Aufmerksamkeit auf unser menschliches Fell an Kopf und Körper und ich realisierte dessen symbolische Aufladung. Ich begann mit ersten Recherchen und Skizzen, entdeckte mehr und mehr das vielfältige Potenzial und die gestalterische Sinnlichkeit der Materie und entschied mich, diesen feinen Körperteil zu meinem nächsten Filmthema zu machen. Denn im Haar, in diesem winzigen Pars pro Toto, sind zentrale menschliche Fragen enthalten: die gesellschaftliche Dimension der Dazugehörigkeit und Abgrenzung, unser rebellisches und erotisches Potenzial, geschlechtliche Identität, Kreativität im Alltag und in der Kunst. Kopfhaare sind Körperschmuck und soziale Kommunikation: mit unserer Haarpracht können wir Aufmerksamkeit erhaschen, verführen, protestieren oder uns einer Gruppe zugehörig zeigen. Haare haben symbolische Kraft und jede Überschreitung ihrer Konvention ist ein politischer Akt. An den Haaren manifestieren sich Polit- und Musik-Bewegungen, reale biologische Geschlechtsunterschiede und gesellschaftliche Geschlechtervorstellungen, wobei ich hier nicht nur an die Kopfhaare, sondern auch an die Körperhaare und den Intimbereich denke. Haare liegen an der Schnittstelle von Natur und Kultur. Nicht nur die Haarnormen verändern sich mit der Zeit, ebenso verändert sich die Haarstruktur im Verlaufe unseres Lebens. Die Haare werden grau und immer weniger, ein sichtbarer Beweis unseres Alterungsprozesses, selbst wenn wir sie färben oder kahlrasieren. Dank den Haaren vollbringen wir täglich einen kreativen Akt: beim Frisieren, Rasieren, Zerzausen, Gelieren und wir entscheiden uns damit für Anpassung, Verweigerung, Provokation oder Spiel. Die Aussagekraft der Haare wird in der Kunst eingesetzt. Einige dieser Schlüsselwerke habe ich im Film integriert, weil sie mich in meinem Werdegang geprägt haben: Zum einen haarige Werke von Künstlerinnen wie Meret Oppenheim und Cindy Sherman. Zum andern Kunst-Aktionen und Happenings wie „Bed Peace – Hair Peace“ von John Lennon und Yoko Ono, bei denen das Paar mit dem Einsatz von „Haut und Haaren“ Kunst mit Politik verbindet. Dieses Filmprojekt reizte mich auch, weil ich meine beiden Tätigkeitsbereiche „Kunst“ und „Film“ kreativ enger miteinander verflechten und mit eigenen Trickfilmen erweitern konnte. Ganz bewusst habe ich das Genre des Essayfilms gewählt, um sowohl experimentelle und animierte, als auch dokumentarische und inszenierte Szenen sowie verschiedenes historisches und künstlerisches Archiv-Material sinnhaft verweben zu können. Meine Biografie vom Baby zur 56-jährigen Frau benütze ich dabei nicht für eine private Innenperspektive, sondern als roten, chronologischen Faden, um anhand meiner eigenen körperlichen und künstlerischen Entwicklung an die gesellschaftlichen Phänomene der letzten 50 Jahre anzuknüpfen und die Zuschauer/innen mit ihren eigenen Erfahrungen zu konfrontieren und zum Assoziieren, Reflektieren und Schmunzeln anzuregen.